Drachenjungfrau by Baumann Manfred

Drachenjungfrau by Baumann Manfred

Autor:Baumann, Manfred [Baumann, Manfred]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-22T04:00:00+00:00


Der eigentümliche Geruch nach feinem Schweiß und Hauspatschen erinnerte Merana an seine Schulzeit. Heimatkunde und komplizierte Brüche waren nicht das Seine gewesen. Aber Aufsätze schreiben und turnen, das hatte er geliebt. Der Schulwart hatte ihm den Weg gewiesen. »Die Frau Steiner ist mit den Kindern unten im Turnsaal.« Amelie Steiner, die Marketenderin der Musikkapelle, unterrichtete an der Hauptschule Krimml Deutsch, Geschichte und Biologie. Und sie studierte auch mit den Kindern der Theatergruppe das Spiel von der Drachenjungfrau ein. Merana öffnete leise die große Tür, betrat den Turnsaal und setzte sich auf eine der Langbänke unter den Sprossenwänden. Die Schauspielgruppe samt Lehrerin war in ihr Spiel vertieft. Sie hatten Meranas Ankunft gar nicht bemerkt. Am anderen Ende des großen Raums war eine Bühne aus tragbaren Elementen aufgebaut. Auf einer kleinen Erhöhung des Bühnenteppichs stand ein braunhaariges Mädchen. Es hatte bunte Bänder im Haar und eine Decke um die Schultern. Die junge Darstellerin war sehr bemüht, ihren Text laut und deutlich zu sprechen.

»Hört ihr das mächtige Kosen des Wassers, das aufprallt wider die Felsen? Vernehmt ihr den grollenden Donner der … der …«

Sie hielt irritiert inne. Einige der Kinder, die mit dem Blick zur Bühne auf dem Boden saßen, kicherten.

»Das war schon ganz gut, Stefanie. Und viel lauter als beim letzten Mal«, lobte die Lehrerin, die Merana den Rücken zukehrte. »Aber es wird Zeit, dass du allmählich den Text auswendig kannst. … der herabstürzenden Fluten, geht es weiter. Und außerdem heißt es nicht Kosen sondern Tosen. Also noch einmal von vorne bitte.«

Sie nahm wieder auf dem Klappstuhl vor der Bühne Platz. Stefanie wiederholte den Anfang des Textes, dieses Mal richtig. Dann ließ sie mit energischer Bewegung ihren Arm unter der Decke hervorschnellen und deutete in die Ferne.

»Sehet den Jäger, den kühnen, den jungen, wie er emporschleicht den glitschigen Pfad, die kräftige Hand am Bogen.« Hinter einem Tuch, das an einem Barren hing und offenbar als Andeutung einer Kulisse diente, erschien langsam ein Junge, der prüfend nach allen Seiten spähte. Merana erkannte ihn sofort, das war Raphael Striegler. Er hielt seinen Bogen mit dem Pfeil fest umklammert.

»Gespannt ist die Sehne. Die klammen Finger umfassen …« Wieder hielt das Mädchen mit der Decke irritiert inne. Es hatte Merana am anderen Ende des Turnsaals entdeckt.

Die Lehrerin wandte den Kopf. »Guten Tag, kann ich Ihnen helfen?« Merana stand auf. »Ich bin Martin Merana von der Polizei. Ich habe ein paar kurze Fragen an Sie. Aber ich wollte Ihre Probe nicht unterbrechen. Ich kann warten. Wenn es Sie nicht stört, würde ich gerne noch ein wenig zuschauen.« Die Lehrerin wandte sich an die Kinder auf dem Boden. »Na, sollen wir den Herrn Kriminalkommissar zuschauen lassen?« Einige nickten, andere schrien »Ja!« Ein kleiner Stopsel mit Sommersprossen und abstehenden Ohren rief: »Aber nur, wenn er uns nachher seine Pistole zeigt.« Amelie Steiner sah zum Kommissar. Der schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, die habe ich nicht dabei.« Ein vielstimmiger Ausdruck der Enttäuschung zog durch den Raum. »Na gut«, rief der Junge mit den Sommersprossen, »dann beim nächsten Mal.«

Merana hob die Hand.



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